Leichtathletin Vanessa Low startet künftig für Australien

Beucher: „Wir verlieren ein Aushängeschild“

Vanessa Low FOTO: © Ralf Kuckuck / DBS

Frechen – Am 23. Juni steigt in Leverkusen das 7. Integrative Sportfest des TSV Bayer 04 Leverkusen mit einem hochklassigen internationalen Teilnehmerfeld. Mit dabei sein wird auch Paralympics-Siegerin Vanessa Low. In der ehemaligen Heimat wird die Weitspringerin bei ihrem langjährigen Verein ihren einzigen Wettkampf in diesem Jahr bestreiten – und künftig nicht mehr für die Deutsche Paralympische Mannschaft starten sondern für Australien.

Hintergrund ist, dass die 26-Jährige nach den Spielen in Rio de Janeiro zu ihrem Freund, dem paralympischen Leichtathleten Scott Reardon, gezogen ist und die australische Staatsbürgerschaft annehmen wird. Dadurch hat sie deutlich bessere Möglichkeiten, die dortigen Sportstätten zu nutzen – andernfalls hätte sie ihre Karriere auf Leistungssportniveau kaum fortsetzen können.

„Der Umzug nach Australien hat rein private Gründe. Ich war glücklich in den USA, trainingstechnisch hat Roderick Green mich sehr vorangebracht und auch die Unterstützung des TSV Bayer 04 Leverkusen war wertvoll“, sagt die Weitsprung-Weltrekordlerin, deren Visum in den USA nach den Paralympics ausgelaufen war, „und so kamen viele Dinge zusammen. Der Wechsel nach Australien ist notwendig, weil ich dort sonst kaum Trainingsmöglichkeiten hätte.“

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) bedauert den Verlust der Top-Athletin, die in Rio Gold im Weitsprung und Silber über 100 Meter gewonnen hatte, wollte allerdings nicht die Fortsetzung von Lows sportlicher Laufbahn gefährden. „Natürlich sind wir traurig über diesen Schritt und wir verlieren leider eine Ausnahmeathletin und eines unserer Aushängeschilder, ein Gesicht unserer Deutschen Paralympischen Mannschaft. Doch Vanessa sieht ihren privaten Lebensmittelpunkt und ihre Zukunft in Australien. Um weiter professionell Sport treiben zu können, hat sie uns um die Freigabe gebeten“, erklären DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher und Vizepräsident Leistungssport Dr. Karl Quade und fügen hinzu: „Wir wollten ihr keine Steine in den Weg legen und wünschen ihr für ihre private und sportliche Zukunft viel Erfolg und alles erdenklich Gute. Vanessa wird sicher auch in Australien eine tolle Botschafterin des paralympischen Sports sein und ihre Wurzeln nicht vergessen. Wir freuen uns aufs Wiedersehen und auf künftige Begegnungen bei internationalen Wettkämpfen.“

Vanessa Low, die am Freitag auf eigenen Wunsch letztmals im Bayer-Trikot starten wird, ist die Entscheidung nicht leicht gefallen: „Ich bedanke mich von ganzem Herzen beim DBS für die jahrelange Unterstützung – durch qualifizierte Trainer und Betreuer, Ärzte und Physiotherapeuten oder auch durch die finanzielle Förderung. Der DBS hat mir geholfen, zu einer professionellen Athletin zu wachsen und viele internationale Medaillen zu gewinnen. Dafür bin ich ebenso dankbar wie für die Freigabe für Australien aufgrund meines neuen Lebensmittelpunktes.“

Neben der Weitspringerin und Sprinterin gehen in Leverkusen sowohl Athleten ohne Behinderung an den Start als auch weitere nationale und internationale Top-Stars des paralympischen Sports. Auf jeden Fall dabei sein werden die Lokalmatadoren Markus Rehm, Léon Schäfer und Johannes Floors, der kürzlich schon zwei Europarekorde in seiner Startklasse aufstellte. Vor Ort sein werden auch David Behre, Felix Streng, Irmgard Bensusan und Heinrich Popow, die jedoch definitiv ausfallen. Dazu kommen rund 30 internationale Athleten, unter anderem aus Australien, Großbritannien und den Niederlanden. Los gehen die Wettkämpfe im Manforter Stadion um 16 Uhr mit dem Nachwuchs, das Ende ist gegen 20.15 Uhr vorgesehen. Der Eintritt ist frei.

Zu Vanessa Low
Die 26-jährige Athletin wurde 1990 in Schwerin geboren. Aufgewachsen ist sie Ratzeburg (Schleswig-Holstein). Dort geschah auch das Ereignis, dass ihr Leben für immer umkrempeln sollte. Im Juni 2006 wurde die damals 15-Jährige von einem Zug erfasst. Um ihr Leben zu retten, mussten die Ärzte ihr beide Beine amputieren. Nach zwei Wochen im Koma und einem mehrmonatigem Klinikaufenthalt begann die Low ihr neues Leben. Dieses führte sie in den Leistungssport und 2009 nach Leverkusen. Es folgten mehrere internationale Titel im Weitsprung und im Sprint. 2013 zog Low nach Oklahoma City/USA um unter Trainer Roderick Green zu trainieren.

Quelle: DBS/red
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