NABU: Tötung von Brutvögeln sofort stoppen

Anzeige gegen Stadt Schwerin wegen bewussten Verstoßes gegen Artenschutzrecht

Der NABU Mecklenburg-Vorpommern fordert einen sofortigen Stopp der Munitionsbergungsarbeiten im Gebiet Göhrener Tannen und hat Anzeige gegen die Landeshauptstadt Schwerin wegen bewussten Verstoßes gegen geltendes Artenschutzrecht erstattet.

Auf einer Fläche im Industriepark Schwerin findet seit einigen Tagen eine Munitionsberäumung statt, um den Bereich als Baufeld vorzubereiten. Auf eben jener Fläche befinden sich jedoch mindestens 43 Brutreviere bodenbrütender Vögel, die gemäß Bundesnaturschutzgesetz unter Schutz stehen. Mindestens acht Arten befinden sich auf der Roten Liste Mecklenburg-Vorpommerns und gelten als besonders gefährdet. Bei den nun durchgeführten Arbeiten wird der gesamte Oberboden großflächig entfernt und nach Munitionsresten durchsiebt. „Es ist klar, dass dabei die Nester, Gelege und Jungvögel der gesetzlich geschützten Bodenbrüter grausam vernichtet werden“, so NABU-Landesgeschäftsführerin Dr. Rica Münchberger. „Deshalb haben wir bereits in der vergangenen Woche per Schreiben an Oberbürgermeister Dr. Badenschier den sofortigen Baustopp gefordert. Leider dauern die Arbeiten trotzdem weiter an, was einem Skandal gleichkommt.“ Nach einem persönlichen Gespräch in der zuständigen Behörde und Einsicht in die Genehmiungsunterlagen zu Beginn dieser Woche bleibt der NABU bei seiner Einschätzung und fordert eine sofortige Aussetzung der Arbeiten bis zum Ende der Brutzeit, voraussichtlich Ende Juli. „Gleichzeitig haben wir Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Schwerin wegen Verstoßes gegen § 44 (1) des Bundesnaturschutzgesetzes erstattet, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen zu beschädigen oder zu zerstören“, so Dr. Münchberger weiter.

Auch bei der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) als zuständiger Genehmigungsbehörde wurde der Verstoß angezeigt. Diese hatte bereits im Februar eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für die Munitionsbergungsarbeiten erteilt, diese jedoch an die Auflage geknüpft, dass die Munitionsbergung bereits vor der Brutzeit zu erfolgen hat. Falls dieser Termin nicht gehalten werden kann und zeitliche Verzögerungen eintreten, wurde die Auflage erteilt, dass Brutvögel durch entsprechende Vergrämungsmaßnahmen von der Fläche ferngehalten werden, um sie am Brüten auf der besagten Fläche zu hindern. Dies sollte fachkundig begleitet werden, wurde jedoch versäumt, so dass sich in der Zwischenzeit mindestens 43 Brutpaare verschiedener gefährdeter Vogelarten wie Feldlerche, Braunkehlchen und Schwarzkehlchen ansiedeln konnten.

Um die verzögerten Arbeiten dennoch aufnehmen zu können, stellte der Bereich Wirtschaftsförderung der Stadt Schwerin Ende Juni einen ergänzenden Ausnahmeantrag bei der Unteren Naturschutzbehörde. Diese stellte jedoch klar, dass ein kurzfristiger Beginn der Arbeiten während der Brutzeit artenschutzrechtlich nicht vertretbar sei, stellte aber eine Ausnahmegenehmigung für Anfang August, nach Ende der Brutzeit, in Aussicht. „Dies war dem Antragsteller offenbar nicht genug, so dass der Leiter des Dezernats III – Wirtschaft, Bauen und Ordnung, Bernd Nottebaum, diese artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung kurzerhand selbst erteilte und sich damit über die Einschätzung der eigenen Fachbehörde sowie geltendes Artenschutzrecht hinwegsetzte“, sagt NABU-Landesgeschäftsführerin Dr. Rica Münchberger. „Diese Genehmigung ist unseres Erachtens nicht wirksam und genügt schon gar nicht den hohen Ansprüchen, die an eine entsprechende artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung grundsätzlich gestellt werden.“

Nach Ansicht des NABU gäbe es durchaus zumutbare Alternativen, zumal es sich bei der Aussetzung der Arbeiten bis zum Ende der Brutzeit lediglich um wenige Tage bis Wochen handelt. „Dieser kurze Zeitraum rechtfertigt nicht das Töten einer erheblichen Anzahl geschützter Vögel. Für diese geringfügige Verzögerung dürften „zwingende Gründe des überwiegend öffentlichen Interesses“ nicht ins Feld geführt werden“, so Münchberger. „Die Munitionsberäumung hätte längst stattfinden können. Nun kommt es auf ein paar Tage mehr auch nicht an.“

„Die aktuelle Situation ist eindeutig auf Versäumnisse der städtischen Wirtschaftsförderung zurückzuführen. Dies nun durch rechtswidrige und selbst erteilte Ausnahmegenehmigungen ausmerzen zu wollen, ist ein Unding, welches wir nicht hinnehmen werden.“

Quelle: NABU
Nach oben scrollen