Schwerin – die „Insel“ der (finanziell) Glückseligen ?!

Weltweiter Finanz-Crash, Haushaltsdefizite, „Schuldenpakete“ – in Schwerin und in M-V aber kein „Thema“ …

SchlossgeldGab es ein „blankes Entsetzen“ als kürzlich bekannt wurde, dass der Schweriner Haushalt ein Defizit von 75 Millionen Euro aufweist, so gibt es angesichts des globalen Finanz-Crashs anscheinend nur geordnete Lethargie.

Die Finanzmärkte brechen weltweit zusammen, Deutschland gerät mit in den „Abwärtsstrudel“, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sieht Deutschland am stärksten vom weltweiten Abschwung betroffen. Zur Zeit erleben wir einen finanzpolitischen „Super-GAU“ ohne Beispiel – allein die Dimensionen sind so groß, dass sie für viele nicht mehr fassbar, nicht mehr „erkennbar“ sind.

Die Politik der „Riesig-Großen Koalition“ beschwichtigt. War jahrelang nur wenig Geld für Bildung, Soziales, Kampf gegen Armut, für Renten oder Kindergeld, für den Einsatz gegen jeglichen Extremismus und hinsichtlich Steuersenkungen gerade für kleine Firmen bzw. für den Mittelstand allgemein, der für Ausbildung, Lehrstellen und Wirtschaftswachstum sorgt, vorhanden, so konnte plötzlich ein „Finanzmarktstabilisierungsgesetz“ von rund 500 Milliarden Euro auf den Weg gebracht werden.

Ganz martialisch und super-streng gibt sich Finanzminister Steinbrück. So soll die öffentliche Kapitalspritze für die selbstverschuldete Krise „eine Obergrenze pro Kreditinstitut“ von 10 Milliarden Euro haben.
Für die Dauer der staatlichen Hilfe dürfen Banken u.a. keine Dividenden- oder vertraglich nicht geschuldete Gewinnausschüttungen an andere Gesellschaften als den Rettungsfonds leisten. Zudem sollen keine, rechtlich nicht gebotenen, Abfindungen, oder Bonifikationen mehr gezahlt werden. Die Vergütungsgrenze für Bankmanager wurde auf  500000 Euro pro Jahr begrenzt.
Freilich gelten diese Forderungen nur an diejenigen Kredit-Institute, die die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. (Diejenigen, die die Krise mittels Personalabbau und Gebühren-Erhöhungen „meistern“, bleiben „davon“ verschont.)

Bei manchen Mittelständlern und Klein-Unternehmern, die in den 1990ern und Anfang der 2000er Jahre die Firma aufgeben mußten, sich verschuldeten oder in arge Existenz-Nöte gerieten, dürften diese staatlichen Maßnahmen Kopfschütteln und Wut auslösen.

Selbstherrliche Herren- und Damenschaften aus dem „Finanz-Business“, die noch vor 12 Monaten, ja vor 12 Wochen, jegliche staatliche Reglementierungen im Finanz-, Wirtschafts- oder Arbeitsmarktbereich – und nicht nur dort (Getreu dem Motto: „Der Markt wird es schon richten !“) – verteufelten, halten ganz selbstverständlich die Hände auf und erwarten, dass der „bräsige Steuerzahler“ natürlich für die Fehler der „Finanz-ZockerInnen“ einsteht.

Tja, die Gewinne werden eben privatisiert und die Schulden verstaatlicht. Wie nannte ein „blaublütiger“ Minister im Vereinigungsjahr 1990 in Richtung der damaligen Noch-DDR-Bürger ganz selbstgefällig: „ … So arbeiten wie bei Honecker und so verdienen wie bei Kohl, das geht nicht …“.
So zocken wie bei „Uncle Sam“ und so Schulden tilgen wie bei „Tante Merkel“ geht allerdings auch nicht !

Der amerikanische Intellektuelle Noam Chomsky sprach im SPIEGEL vom 6.10.2008 davon, dass kein Geldhaus die systematischen Risiken beherrsche. Risiken werden von Geldhäusern daher immer unterbewertet, und es wird mehr riskiert, als für die Wirtschaft gut ist. Mit dem Abbau der behördlichen Regulierung und dem Siegeszug der Liberalisierung wurde die Gefahr dieser systematischen Risiken enorm gesteigert – es entstand die Möglichkeit eines finanziellen Tsunamis. – Der nun eintrat.

Auch Bundespräsident Horst Köhler warnte bereits vor Monaten vor den „Monstern“ der internationalen Finanzmärkte.
Die Herren in den Chef-Etagen verschiedener Kredit-Institute ignorierten diese Warnungen, blieben kritik-resistent – mit ungeahnten Folgen für die Allgemeinheit.

Viele Kommentatoren erinnern bereits an die Weltwirtschaftskrise 1929, die indirekt zur Zunahme des Links- und Rechtsradikalismus in Deutschland, zur NS-Herrschaft und zum zweiten Weltkrieg führte. Auch in Deutschland des Jahres 2008 ist politisch und wirtschaftlich vieles in Bewegung – vieles nicht gerade zum Guten.

Die Finanzkassen der Bundesländer, ebenfalls in M-V, und der Bundeshaushalt werden durch die Finanzkrise enorm belastet. Hatten sich zahlreiche Politiker und Boulevard-Journalisten über die angeblichen Sozial-Schmarotzer, die „Hartz IV-Empfänger“, so echauffiert, so bleibt die Kritik der Merkels, Steinbrücks und Westerwelles jetzt sehr differenziert und zurückhaltend.

Verdiente vor 4 Wochen ein „Hartz IV-Empfänger“ versehentlich 50 Euro zu viel im Monat und gab das nicht einmal offiziell an, ging ein kreischender Aufschrei durchs Land.
Nun haben inkompetente, kriminelle Wirtschafts- und Finanz“fachleute“, die in der abscheulichen DDR bei Günter Mittag bestimmt Karriere gemacht hätten, ein paar Milliarden „verspielt“ – und: Alles nicht so schlimm.

Auf einmal wird ein neues Gemeinschaftsgefühl beschworen – nach dem Motto „Wir armen Bank-Manager und wir armen `Hartzer` müssen zusammenhalten !“. Deutschland, einig Schuldenland – das ist die neue Agenda 2100 !

Und Herr Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, den Peter Sodann, Tatort-Kommissar und Kandidat der LINKEN für das Bundespräsidenten-Amt, gar verhaften lassen würde, gibt sich wütend und selbstherrlich. Via großer Sonntagszeitung ließ er ausrichten, dass er sich Sorgen um dieses Land mache und Angst um dieses Land habe.

Der großartige SPD-Nachkriegsvorsitzende Kurt Schumacher – ein ganz anderes Kaliber als ein Herr Ackermann – der gegen Nationalsozialisten und Kommunisten gleichermaßen kämpfte, jahrelang im KZ gefoltert, nach dem Krieg mit stalinistischen Diffamierungskampagnen überzogen wurde, meinte einst: „Der Demokratie drohe nicht Gefahr von ihren Feinden links oder rechts, aber von denen, die auf die Gunst der Stunde hoffen …“

– Kurt Schumacher, dieser engagierte Kämpfer für eine wirkliche Demokratie, hätte sich nie von irgendwelchen Finanz-Haien und Wirtschaftszockern aushalten lassen. Aber lang, lang ist es es her.

Heute sind jene „Günstlinge der Stunde“ am politischen und wirtschaftlichen „Ruder“, denen man zurufen möchte: Geh vom Acker, Mann ! Und wenn schon dorthin, dann zum Spargelstechen …

Aber die politische „Elite“ in Deutschland geht kaum mit gutem Beispiel voran. Wie meinte Staatstsrechtler Prof.Hans-Herbert von Arnim bereits im Mai 2004 im Hinblick auf die zu wählenden Kandidaten für die damalige Europawahl: „ … Von den 99 Abgeordneten, die Deutschland bei der Europawahl am 13. Juni nach Straßburg entsendet, stehen jetzt schon 77 definitiv fest. Sie haben sichere Listenplätzen inne, so dass der Wähler ihnen nichts mehr anhaben kann. Für fast 80 Prozent der zukünftigen Europaabgeordneten ist die Wahl somit faktisch schon gelaufen. In Wahrheit entscheiden also nicht die Wähler, wer sie im Europäischen Parlament repräsentiert, sondern Parteifunktionäre bei Aufstellung der Wahllisten …“

Und der geistig rege, mündige und sozial engagierte Bürger soll angesichts dieser wirtschaftlichen, finanzpolitischen und politischen Selbstgefälligkeiten weiterhin unbeirrt für die real existierende Demokratie eintreten, oder besser gesagt, den real existierenden „Demokratismus“ ?

Zweifel sind angebracht und werden offenbart. Aber die werden von den „Zuständigen“ milde weggelächelt. Im Zweifel kann man ja den Zweifler in die „linke“ oder „rechte Ecke“ stellen – und ihn als belanglosen Querulanten diffamieren.

So wird man allerdings die vermeintliche Demokratie schneller los, als manche möchten oder wollen !

M.Michels

F.: Cents & Euros für die „Schweriner Schloss-Aktie“ …

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